Am Hügel
Es ist eine relativ kleine Distillery, die den an Cnoc (ausgesprochen: a krok) produziert. Sie liegt genau an der Grenze zur Speyside.
Der Whisky wird aber im allgemeinen nicht mehr zu den Speysides, sondern zu den Highlands gerechnet. Es ist ein eher klassischer, unkomplizierter Single Malt, so wie ich ihn liebe. Früher wurde der Whisky unter dem ursprünglichen Namen Knockdhu verkauft, so wie auch die Distillery heute noch heisst. Der Namenswechsel vollzog sich in den 1990ern und geht wohl auf ein paar Streitigkeiten mit der Distillery ähnlichen Namens (Knockando, seit 1898) in der Speyside zurück, so dass man es in Knockdhu, obwohl die ältere Distillery (seit 1894), vorzog, auf die gälische Aussprache des Namens „Am Hügel“ überzuwechseln.
Es ist, wie gesagt eine recht kleine Distillery mit nur einer Destillationsstrecke, also einer Wash Still und einer Spirit Still und, als ich sie 2008 besuchte, an einigen Stellen etwas überholungsbedürftig. Aber gerade das hatte etwas sehr liebevolles, freundliches, denn der Betrieb der Anlage erforderte sicher sehr viel Liebe und Hingebung.
Eigentlich wurden, zumindest damals, keine öffentlichen Führungen angeboten. Aber es ist ja Schottland. Meine Frau und ich waren gerade in Huntly, was nur ca. 10 Meilen von der Ortschaft Knock Hill entfernt liegt. Wir wohnten übrigens in dem recht traditionellen und stilvollen Huntly Castle Hotel, was sehr zu empfehlen ist. Jedenfalls wollten wir uns die Distillery einmal ansehen und so rief ich einfach an und vereinbarte mit dem damaligen Manager Gordon Bruce einen Termin für den nächsten Tag.
In einer so kleinen Distillery gibt es nicht so viele Beschäftigte, aber es wurde uns durch eine kleine Abordnung (Bild) bereits ein warmherziger Empfang bereitet. Gordon Bruce begleitete uns selbst, vom Malted Barley bis zum Single Malt. Um alles zu verstehen, sollte man schon etwas gälisch können oder etwas mitdenken oder einfach „wissen, wie es geht“. Es war einfach die beste Führung durch eine Distillery, die ich je erlebt habe, so überhaupt nicht touristisch, einfach nur freundlich, so dass man das Gefühl hatte, dazu zu gehören.
Sogar meine Frau fühlte sich in der Distillery wie zu Hause (was ich nie für möglich gehalten hätte). Ich kann nur jedem raten, wenn er wirklich einmal ein Scottish Whisky-Feeling haben möchte und erfahren will, wie die Herstellung abläuft und was es so für Probleme geben kann … und einfach einem Freund zuhören möchte, wie der Alltag so abläuft – dann fahr zum Knock Hill. Wenn wir von Scottish Whisky sprechen, dann sprechen wir von Schottland und wenn du in Knockdhu bist, dann fühlst du Schottland.
Irgendwann sollte man in einer Distillery immer am Spirit Safe ankommen. Dort entscheidet der Brennmeister über die Qualität des Produktes. So hat der Safe, neben seiner steuerlichen auch seine geheimnisvoll romantische Seite.
Und schließlich, nachdem der Whisky seiner Kinderstube entwachsen ist und die Fähigkeit besitzt, sich allein weiter zu entwickeln, schlummert er im Warehouse, saugt die schottische Luft in sich ein, gibt den Engeln und wohl auch den warlocks und wiches etwas davon ab und strahlt dabei eine große Verheißung für sonst kalte Winterabende aus. Dieser Duft, daran kann ich mich noch heute erinnern, erfüllte nicht nur das Warehouse, sondern schwebte auch wohlwollend über den Steingebäuden des Knock Hill.
Die Abendsonne des August stand schon etwas tief, als wir noch immer im Büro von Gordon Bruce saßen und uns in die Geheimnisse des anCnoc vertieften, welche Gordon gegenständlich mit dem Wasser des Lebens zu untermalen wusste.
Als wir uns schließlich auf den Heimweg machten, hatte ich so eine Eingebung, als ob ein Sachse auch nach Schottland fahren kann, um zu Hause anzukommen …
… in der Hotelbar dachte ich dann noch etwas über diesen Gedanken nach und bestellte mir noch einen anCnoc – einen Whisky von zu Hause …