Death and Doctor Hornbook
Die Satire wurde von Robert Burns Anfang des Jahres 1785 geschrieben. Sie bezieht sich auf einen John Wilson, Schulmeister in Tarbolton, welcher als Quacksalber praktizierte. Dieser führte einen kleinen Gemischtwarenladen und ihm waren zufälligerweise einige Bücher über Hausmedizin in die Hände gefallen, die er bei Gelegenheit studierte. Woraufhin er seinen kleinen Handel auf einige Medizin ausdehnte. In einer gedruckten Warenkarte befand sich zuunterst, seine eigene Unfähigkeit übersehend, die Empfehlung, dass man diesbezüglichen Ratschlag im Laden gratis bekommen könne.
„Robert Burns war auf einem Treffen in Tarbolton, als der Gastgeber prahlerisch seine medizinischen Fähigkeiten pries. Nachdem Burns dem Abend beigewohnt hatte, kam er auf dem Heimweg zu der Stelle, wo er sein Treffen mit dem Tod beschreibt. Dort kam ihm die Idee zu den Versen, die ihn den Rest des Heimwegs beschäftigten und welche er nächsten Tages in sein satirisches Gedicht umsetzte, während ich den Pflug hielt und er Wasser in das Feld neben mir abließ“, schrieb GILBERT BURNS.
(Übertragung ins Deutsche B. Horlbeck, 2021)
Der Tod und Doktor Hornbook
Manch Buch ist von Anfang bis Ende gelogen,
und manche Lüge ward auf Papier nie gezogen:
sogar Minister verkaufen in tönendem Bogen,
der schillerndsten Lügen Gift,
mit dem sie die armen Menschen betrogen,
als ewige Wahrheit in Wort und Schrift.
Doch das, was ihr jetzt hört aus meinem Munde,
was mir nachts widerfuhr zu sehr später Stunde,
ist so wahr, wie das Heim des Teufels im Höllenschlunde,
oder vielleicht auch in Dublins Gassen;
möge er niemals entkommen, dieser Geisterrunde;
ein Elend wär‘s, ihn da rauszulassen.
Das Clachan-Bier hatte mich fröhlich gemacht,
ich war nicht g’rad blau, doch in Schwung gebracht;
ich ging etwas schlingernd, doch ich nahm mich in Acht,
bei den mosses und waters auf wackligen Beinen,
sah die warlocks und wiches, welche schelmisch gelacht,
zwischen den Büschen und zwischen den Steinen.
Der aufgehende Mond warf seinen silbernen Schein,
auf die Cumnock Hills wie einen schlafenden Stein:
deren Gipfel zu zählen sollt‘ ich noch fähig sein,
also setzt‘ ich mich nieder.
Doch warn’s deren vier oder warn sie zu drei’n,
ich konnt‘ es nicht sagen und zählte sie wieder.
Ich kam um den Hügel mit frischem Mut,
auch mein Torkeln zu Willie’s Mühle ging gut,
ich braucht‘ alle Kraft doch mit ruhigem Blut,
bewegte ich mich gleich einer Katze,
doch der Wind blies heftig mit wilder Wut,
flog nach vorn mit gewaltigem Satze.
Ich krachte auf ETWAS, kantig und glatt,
wovon ich eiskalten Schrecken hatt‘.
Ich erblickte ein furchtbares Sensenblatt,
weit über ’ne Schulter ragend,
und Dreizack-Spieße schimmerten matt,
an den Enden gar Funken schlagend.
Die Kreatur schien über gut zwei Ellen zu gehen,
die verrückteste Erscheinung, die ich jemals gesehen,
durch den fehlenden Bauch schien der Wind durchzuwehen,
und dann seine Schenkel, ja seine ganzen Beine,
so dünn sie waren, konnt‘ er doch darauf stehen,
man könnte meinen, er hätte gar keine.
„Guten Abend“, rief ich; „Freund! Du hast wohl versagt,
als sich alle ander’n für’s Essen geplagt?“
Ich meint‘, ich hätt‘ einen Scherz gewagt.
Doch Stille – von ihm kam kein Ton;
dann wieder ich, „Freund, hast du einen Ausflug gewagt,
und willst jetzt heimwärts schon?“
Da sprach er in dumpfem Ton – „Mein Name ist TOD, wenn sie erlauben;
doch keine Bange.“ Ich rief entsetzt „Auf Treu und Glauben,
so bist du gekommen, mir den Atem zu rauben;
doch hüte dich besser;
dass nicht ich Dich schneide von des Lebens Trauben.
Sieh, da mein langes Messer!“
„Guter Mann,“ sprach er, „das Ding ist zum Lachen,
ich bin nicht geschaffen für solcherlei Sachen;
doch wollte ich es, so wäre es schwerlich zu machen,
mich zu hindern mit solch läppischen Waffen;
man würde nur hören ein Knirschen und Krachen,
doch ist dies nicht wirklich mein Schaffen.“
„Gut, gut!“ sprach ich „lass uns Frieden wagen;
reich mir die Hand und wir woll’n uns vertragen;
lassen wir die Beine ausruh‘n und es uns behagen;
erzähl mal was du Neues hast;
wohl warst du auf manchem Weg an vielen Tagen,
und in vielen Häusern auch zu Gast.“
„Ay, ay!“ er wiegt seinen Kopf und schaut in die Weiten,
„In der Tat war es vor fast ewigen Zeiten,
als ich begann, der Leben Fäden zu durchschneiden,
den Atem zu nehmen in letzter Not:
die Leute tun was dafür, ihr Mahl zu bereiten,
und so hält es auch der Tod.“
„Gut sechs tausend Jahre gingen ins Land,
dass ich mich mit diesem Schicksal verband,
und so mancher Plan zerrann im Sand,
mich aufzuhalten oder zu verderben:
bis ein Hornbook das Gewerbe nahm in die Hand,
und wahrhaft, er schlug alles in Scherben.“
„Du kennst Jock Hornbook, den nach Clachan hinaus;
dieser Teufel machte sein Glück mit des Krämers Gebraus!
Kam recht in Schwung mit Buchans Medizin für’s Haus,
und anderen Sälbchen und Düften,
die Kinder streckten lachend die Finger aus
und stießen sie mir in die Hüften.“
„Schau, hier die Sense und dort den Speer,
die durchbohrten Herzen schlagen nicht mehr;
doch Doktor Hornbook macht’s ihnen schwer
mit all seinen wundersamen Dingen
macht sie zum Furz und sie dienen nicht mehr,
einen ehrlichen Tod zu bringen.“
„G’rad gestern hab‘ ich ’nen Ed’len besucht,
und führt‘ einen Schnitt mit Schneid und mit Wucht,
der unter Hunderten seines Gleichen sucht;
mag sich der Teufel d’rum scheren!
Auf den Knochen hab ich zu pfeifen versucht,
wollt‘ mich doch nicht darum kehren.“
„Hornbook war zur Stelle auf flinke Art,
Und hat mich verwirrt und völlig genarrt,
schaut ich auf den Speer, welcher einst scharf und hart,
war dieser nun stumpf wie ein Stengel,
nichts von ’nem Pfeil in sausender Fahrt,
sah aus wie der Stock von `nem Bengel.“
„Rasch griff ich zur Sense in meiner Lage,
hätte mich fast überschlagen in meiner Rage,
doch der flinke Apotheker, ich sah es nur vage,
widerstand dem Hiebe, allein,
ich hätt‘ genauso gut können schlagen, verzeih wenn ich’s sage,
auf harten Stein.“
„Selbst durch seine Klienten ist ihm nichts anzuhaben,
wiewohl sie sich niemals gesehen haben,
hat er sie wie in einem Kohlblatt vergraben,
und, sobald es üble Gerüche gibt,
beides, Krankheit und die heilenden Gaben,
dorthin geschickt wo es ihm beliebt.“
„Und dann des Doktors Sägen und Scheren,
aller Sorten und ganz nach Begehren,
auch die Pillendosen und Flaschen sich ständig mehren;
mit Schildern auf denen ihr Name steht;
in Latein sind sie flink aus seinem Munde zu hören,
gerade wie das Alphabet.“
„Versteinerte Fossilien, Erden und Pflanzen;
echtes Meersalz, getrocknete Wanzen;
den Staub von Blüten und Knospen im Ganzen,
hat er in Fülle und gleich daneben,
die Flaschen heiligen Quellwassers in seinem Ranzen;
er kann es dir geben.“
„Auch mit überaus seltsam Neuem ist er begabt,
mal hat er Fischöl von getrocknetem Schellfisch gehabt;
Wurm-Mehl, gerieben, gestoßen, geschabt,
oder in destillierter Brühe;
mit Salz von Insektenresten kommt er angetrabt,
und vielem anderen, für ihn keine Mühe.“
„Wehe dem Johnie, der die Toten begräbt,
wenn das alles wahr!“ rief ich tief bewegt,
„seine schönen Gräber, mit Gänseblumen belebt,
sie werden wir alle verlieren,
der eiserne Pflug sie unter der Erde vergräbt;
Und Johnie wird es ruinieren!“
Die Gestalt fiel mit gespenstischem Lachen ein,
und zischte, „Lug und Trug und alles nur Schein,
die Kirchhöfe werden ziemlich von Nöten sein:
das wirst du bald erfahren,
von Gräbern übersät werden sie sein,
in zwei, drei Jahren.“
„Wenn ich den Einen getötet, auf meine natürliche Weise,
nehmend sein Blut und den Atem vor seiner Reise,
in eben jener Nacht, ganz sanft und ganz leise,
haben Hornbook’s Pillen,
die Leute zu Hauf in ihr Sterbekleid gebracht,
um die Gräber zu füllen.“
„‘nem tüchtigen Weber, der machte einen redlichen Schnitt,
und dessen Weib brachte selten Freundlichkeit mit,
gab er ein Pulver für 2 Pence, als sie im Kopfe litt,
das helfe ihr sehr;
das Weib dann ganz sanft in ihr Bette glitt
– doch sprach es nie mehr.“
„Ein rüstiger Bauer den der Wurm wohl zwickte,
oder ein Herumgehen im Bauch bis ihm nichts mehr glückte,
sein einziger Sohn nach Hornbook schickte
und er bezahlte ihn gut auf dieser Erden:
dass es dem Kerl für zwei Schafe glückte,
selbst zum Laird zu werden.“
„Eine bonnie Lass – bekannt uns beiden –
ein übles Gebräu brachte ihr teuflisches Leiden;
sie begab sich, um die Schande zu vermeiden;
in Hornbooks finstere Ecken;
Horn ließ sie den langen Weg nach Hause reiten
– um es besser dort zu verstecken.“
„Das ist nur ein Beispiel für Hornbook’s Blenden;
so fährt er fort ohne zu enden,
so vergiftet er, tötet und mordet mit seinen Händen,
und wird reichlich bezahlt zum Trutze.
Nun will er mein gerechtes Handwerk beenden
– mit seinem verdammten Schmutze.“
„Doch Hör! Ich erzähl‘ dir jetzt von meinem Sinnen,
über das du nie sprichst, mögen auch Jahre verrinnen,
den eingebildeten Säufer werd ich auf meine Lanze pinnen
wie einen toten Fisch, zum Hohn,
und wenn wir uns das nächste Mal treffen, die Wette werd‘ ich gewinnen
– da hat er seinen Lohn!“
Doch als er mit Sprechen den Anfang gemacht,
ist die Kirchturmuhr ganz plötzlich erwacht,
Und nach einem kleinen Stündchen um Mitternacht,
machten wir uns wieder auf,
ich nahm meinen Weg und mich in Acht
– und der Tod nahm seinen Lauf.