2017 Toast To The Lassies
Ihr lieben Lassies,
Beim diesjährigen Supper haben wir Auld Nick gewissermaßen zur Gallionsfigur erhoben. So etwas widerfährt dem alten Satansbraten nicht oft und, da er selbst nicht gerade dafür bekannt ist, Gutes zu tun, wird er hierin auch eine gewisse Gefahr wittern. Im allgemeinen Sprachgebrauch nennt man das „den Teufel herausfordern“. Dies nun wiederum bringt uns in eine gewisse Lage, in welcher, sollte es zu einer kritischen Situation kommen, eine Panik ausbrechen könnte. Wir nehmen folglich eine „Hab Acht“-Position ein, in der jemand das Kommando übernehmen muss, damit eben keine Panik ausbricht.
Ich wende mich nun der Frage zu, wer dieses Kommando übernehmen sollte – also eben ganz wie zu Hause.
Wie Ihr bemerkt haben dürftet, ist unser potenzieller Gegner, vor dem wir auf der Hut sein sollten, der Teufel, also ein Wesen offenbar männlichen Geschlechts. Und wer ist wohl dafür zuständig, Männer im Zaum zu halten? Natürlich die Frau. Im Rahmen unserer ausgeklügelten und bewährten Gewaltenteilung gebührt heute Abend folglich fraglos den Frauen das Kommando, sonst müsste uns Männer schon der Teufel reiten! Also erheben wir das Glas:
„To our Lassies!“
So, nachdem wir das geklärt hätten, wären noch die Spielregeln für dieses Kommando klarzustellen. Wir leben schließlich in einer Demokratie. Also,
- was ist in diesem Zusammenhang überhaupt eine „kritische Situation“, in welcher wir Männer uns willenlos unterzuordnen haben und
- auf welche Aspekte des menschlichen Zusammenlebens erstreckt sich die bezeichnete widerspruchslose Unterordnung, mithin, welche Kommandos sind überhaupt zulässig?
Wann also hätten wir es mit einer „kritischen Situation“ zu tun, in welcher der Teufel über uns kommen könnte?
Ich halte es durchaus nicht für kritisch, wenn der Eine oder Andere zu später Stunde unter Zutun des Whisky-Teufels zwei Ehefrauen, die sich völlig gleichen, sein Eigen nennt. Sollten es gar drei oder vier werden, so nähern wir uns dann wohl doch einer kritischen Situation, in welcher zumindest von der Wahrnehmung jeglicher Kommandogewalt abgesehen werden sollte. Die Ausbringung eines abschließenden Toasts der einfacheren Art auf die nunmehr übernehmende Lassie, etwa in der Art
„To O Lssss!“
ist durchaus akzeptabel und wird im allgemeinen auch toleriert. Jedenfalls wird auf diese Weise der Teufel völlig ausgeschaltet. Morgen ist es dann wieder nur eine Lassie, welche möglicherweise finster dreinschaut, was aber wohl an ihrer Eifersucht auf die übrigen drei liegen mag.
Würde im genannten Fall der eigene Kommandoanteil nicht abgegeben, so wären unter Mitwirkung des Teufels panikartige Zustände durchaus nicht auszuschließen, etwa wenn es mehrere Clansmen beträfe und die dann überaus zahlreichen Ehefrauen in ein Kontinuum überzugehen drohten.
Grundsätzlich wäre auch eine kritische Situation denkbar, in der mehrere männliche Clansmen, wie vom Teufel geritten, in warlocks mutieren und in eine Art von Tanzwut verfallen könnten. Ich erinnere da an Tam O’Shanter:
Da rissen sie sich vom Leib die Kleider und tanzten im Unterhemde weiter …Ich möchte das hier nicht weiter verfolgen, doch es würde auf jeden Fall unserer Anzugsordnung widersprechen. Allerdings sehe ich auch in einer Kommandoübergabe an die sich möglicherweise dann in witches wandelnden Lassies keine Form, die Situation zu vermeiden, wohl aber, sie weitgehend unter Kontrolle zu behalten, denn dann gilt nach Tam O’Shanter schlichtweg:
Auch Satan funkelte mit glühend Augen und schnaubte, als wollt‘ er sie in sich saugen!Und wäre damit K.O. gestellt.
Auch andere Situationen, in welchen sich möglicherweise ein einzelner Clansman der Kritikalität nähert sind für die Gemeinschaft nicht bedrohlich, solange daraus keine Kettenreaktion entsteht. Womit wir auf den wohl entscheidenden Sachverhalt gestoßen wären, das Phänomen der Kettenreaktion. In einem solchen Moment neigt eine geordnete Struktur zum Übergang in einen chaotischen Zustand. Und den beherrschen ohnehin nur die Lassies:
„To our Lassies!“
Nun zur Frage der überhaupt zulässigen Kommandos in einer „kritischen Situation“.
Wir wissen aus zurückliegenden Vorlesungen und Seminaren, dass hiermit das Kommando gleichsam von dem ausgewogenen Verhältnis zwischen Struktur (=Mann) und Chaos (=Frau) einzig und allein dem Chaos übertragen wird. Wenn in einem Chaos keine Panik ausbrechen soll, so muss im Grunde nur Eines vermieden werden, das aber unbedingt – die Angst. Und genau das trainieren wir Männer in der Ehe ein Leben lang: Chaos ohne Angst.
Also, Männer, die Abtretung unseres Kommandoanteils ist völlig harmlos. Wir wissen nicht einmal mehr, was wir da eigentlich abtreten. Gut, einige werden einwenden, dass wir dann auf unsere gelegentlichen Versuche, etwas Struktur zu schaffen verzichten müssten. Nun gut, es ist ja auch nur für den Zeitraum der „kritischen Situation“. Aber in eben solchen Situationen tun wir das ja ohnehin – auf das Strukturieren verzichten. Oder hat schon jemals jemand versucht, seiner Frau im Einkaufszentrum den zu durchlaufenden Warenübernahmepfad vorzuschreiben?
Sehen wir es aus pragmatischen Gründen einmal von der anderen Seite und fragen uns, woran wir die Kommandos der Frauen erkennen, welche unser unverzügliches Handeln erfordern. Der Mann fühlt sich beim Erteilen eines Kommandos an die Frau grundsätzlich unwohl. Er formuliert es, sozusagen aus dem Bauch heraus, daher eher als Frage und beginnt es meistens mit „Könntest Du mal …“ oder ähnlich.
Bei den Kommandos der Frauen ist das ganz anders. Wir müssen hier genau zuhören. Zunächst unterscheiden wir die allgemeine Erzählform von einem tatsächlichen Kommando. Das Hauptmerkmal des Kommandos besteht darin, dass die Frau aus der Erzählform heraus unvermittelt von der Ich-Form in den Plural wechselt, also z.B. „… ich habe in der ganzen Garage nach diesem verdammten Sitzaufleger gesucht. Wir müssten hier mal grundlegend Ordnung hinein bringen, Schatz!“ Haben Sie es bemerkt? Es meint natürlich nicht „WIR“. Übersetzt heißt es „Räum die Garage auf!“. Es begegnet uns in mannigfaltigen Formen und wir kennen viele solcher Kommandos, wie „Ich denke, WIR müssten mal den Mülleimer hinausbringen“ oder „WIR sollten mal dies oder jenes“. Wichtiges Kennzeichen ist, dass es alles sogenannte Strukturbefehle sind, welche eben dem Manne zuzuordnen sind. Chaosbefehle erübrigen sich. Das Chaos entsteht beinahe von allein.
Welche Befehle also sind zulässig in einer kritischen Situation? Antwort: Alle. Sie zeigen an, dass die Lassie selbst nicht mehr auf das Chaos allein vertraut und sich zumindest ein wenig Struktur wünscht. Das sollten wir uns nie zweimal sagen lassen. Das Mindeste ist Fünfmal.
Lassies, wir lieben Euch und wünschen uns nichts mehr als unter Eurem Kommando die kritischen Situationen des Lebens zu meistern. Dann kann Auld Nick seinen Job an den Nagel hängen!
Gentlemen, be up on Your feet and join me in the toast
To our Lassies!